Diese Plakette (Quelle: NASA), montiert auf Pioneer 10, verlässt das Sonnensystem. Sie soll vom Menschengeschlecht künden und wo es wohnt. Der nächste Stern wird frühestens in 300 000 Jahren erreicht. Schneller sind Radiosignale. Doch angesichts kosmischer Weiten erscheint Kommunikation witzlos. Es ist nicht unsere Art, lange auf Antwort zu warten.
«Zeit des Erwachens»
4 Millionen Jahre — 5 mm bis zur Gegenwart! — ist es her, dass das Leben, weiß Gott weshalb, seine Sprachlosigkeit ablegte und «selbstbewusst» auftrat. Die Rede ist vom aufrechten Gang, Faust- und Keilgebrauch sowie Haarausfall, mit einem Wort vom — Menschen. Man schreibt das Pleistozän.
Die Geburt war nicht komplikationslos. Der Mangel an genetischer Vielfalt unter uns Heutigen lässt nur einen Schluss zu: Wir alle stammen von wenigen Exemplaren ab, einer kleinen Horde irgendwo in Afrika. War die Menschheit am Aussterben gewesen? Egal, der kulturelle Wandel, getragen vom Zeichen, vom Wort, galoppiert — was nicht unproblematisch ist — seither dem biologischen davon, der nur Vererbung kennt. So kam es zu all dem Guten, Wahren und Schönen, worauf Homo sapiens stolz ist.
Hob gegenseitiges Striegeln und Lausen den Geist aus der Taufe? Einerlei, im Geiste wird sich Sein seiner selbst bewusst. Mehr noch: Geist erschafft tragende Wirklichkeit. Schrei und Sprache, Mimik und Gestik, Musik und Tanz, drücken nicht bloß aus, sie beschwören Sinn und Bedeutung, bestätigen personale Identität, stiften trauliche Gemeinschaft. Der Kehlkopf stand am Beginn des Kommunikationszeitalters, nicht der Computer! (Nachdenkenswert: Während Wissen und Macht des Menschen sich zeitgemäßer Zuwachsraten erfreuen, gehen Gewissen und Moral an Krücken, deren biblisches Alter allein Haltbarkeit zu verbürgen scheint.)
«Wie aber komme ich ins Gehirn, oder bin ich bloß Gehirn?» wundert sich der Geist über sich selbst. Momentan streiten sich Gelehrtenhirne beider Kulturen, Natur- und Geisteswissenschaftler, um die Zuständigkeit bei diesem Menschheitsrätsel. Vermutlich vergebens. Denn ein Riss geht durch das Sein: feuernde Neuronen auf der einen Seite, subjektives Erleben auf der anderen. Ein tieferer Graben ist schwerlich vorstellbar.
Wissenschaft aber ist kein Seiltanz über Abgründe. Ihre Erfolgsstory begann, als sie sich lösbaren Problemen zuwandte. Jemand meinte gar, sie sei die Kunst des Lösbaren.
Steinzeit: Stonehenge in Südengland ist ein 4000 Jahre altes Observatorium. Nur noch eines Haares Breite trennt uns von den Erbauern.
Eiszeitalter
Vor 34 Millionen Jahren legte sich die Antarktis eine Eiskappe zu. War's die Trennung von Südamerika und Australien, wodurch sich die Drake-Passage öffnete, was den Kontinent strömungstechnisch in die Wärmeisolation trieb? Oder war's der seit dem Sauriertod fallende Kohlendioxidgehalt der Atmosphäre?
Mit der Eiszeit kam der Mensch. Zufall? Klima jedenfalls hat es in sich. (Fürs Wetter ist der Astronom nicht zuständig!) Jedermann weiß, wie gefährlich FCKW sind und warum der Kohlendioxid-Ausstoß verringert werden muss. Doch nicht Wohlstand allein dreht an der Klimaschraube. Der Wechsel von Warm- und Kaltzeiten (im Eiszeitalter), er kam sicherlich ohne ihn zustande. Vulkanausbrüche, Verlagerung von Luft- und Meeresströmungen, die Biosphäre, alles hat Einfluss aufs Klima. Motor aber ist, unbestritten, die Sonne. Es ist der stürmische Wärmeaustausch zwischen den durchsonnten Tropen und den Polregionen, der — unterworfen der Erdrotation — alles Klimageschehen treibt. Selbst wenn die Sonne konstant leuchtete, ändern sich nicht die Beleuchtungsverhältnisse über Zehntausende von Jahren hinweg ein wenig, weil Erdbahn und Lage der Erdachse schwanken? Klimawirksam ist das wohl kaum. Es könnte aber die labilen atmosphärischen und ozeanischen Strömungsmuster regelmäßig zum Umklappen bringen. Die neigen nämlich ohnehin dazu (man denke nur an El Niño). Glaubt man Statistiken, wurde es immer dann kalt, ermangelten die Sommer der Nordhalbkugel der Sonne, d. h. aller 100 000 Jahre.
Derzeit ist Tauzeit. Das Holozän begann vor 11 000 Jahren (bzw. vor 1½ Hundertstelmillimetern) mit — Überschwemmungen. Der Meeresspiegel stieg (seit der letzten Vereisung um 120 m), und im Morgenland, im sog. «fruchtbaren Halbmond», gingen Jäger und Sammler zu Getreideanbau und Tierzucht über, wurden sesshaft. Zivilisation erwacht. Klima schreibt Geschichte.
Wie aber kam's zur «kleinen Eiszeit» zwischen 1550 und 1850, die sich durchaus hätte zu einer richtigen auswachsen können? War's die jahrzehntelang fleckenlose Sonne, die Weinbauern in den Ruin trieb und Alpengletscher wachsen ließ?
Bildquellen: Pioneer Project (ARC/NASA), J. B. Anderson (Rice University), C. Ruggles (Leicester University)
geändert: 16.08.2016